"Winter Thrice" von Boknagar
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Rezension: Borknagar – „Winter Thrice“

Singen können sie scheinbar alle bei Borknagar. Auf „Winter Thrice“* drängen sich gleich vier Musiker um das Mikro. Ob gekreischt, gegrunzt, geschrien oder clean gesungen: Um es vorwegzunehmen, die stimmliche Vielfalt zählt zu den ganz großen Stärken des neuen Albums der Norweger.

Gut nachzuhören ist das beim Titeltrack, der dem Vokalistenquartett dank vieler Dynamik- und Dynamikwechsel viel Raum zum Austoben gibt. Neben Bassist Simen Hestnæs a.k.a. ICS Vortex, Keyboarder Lars A. Nedland und Gitarrist Andreas „Vintersorg“ Hedlund zwängte sich während der Aufnahmen auch Krystoffer Rygg einige Male in den Aufnahmeraum, um einige Vokalparts beizusteuern.

Wer versucht, sich einen Überblick über die Geschichte Borknagars zu verschaffen, sieht sich mit vielen Mitgliederwechseln, Ausstiegen und Neueinstiegen konfrontiert. Als Konstante erweist sich aber Gitarrist Øystein Garnes Brun, der Borknagar in den 1990er Jahren gründete und die wechselnde Mannschaft bis heute zusammenhält. Heute zählen laut offizieller Webseite neben Brun, Hestnæs, Vintersorg und Nedland außerdem Gitarrist Jens Ryland und der junge Schlagzeuger Baard Kolstad zum festen Personal der Norweger.

Was die Musik Borknagars so interessant macht, ist der Wille zum Experiment. Ihm verdankt es die Band, dass sie heute mit einem originellen, völlig eigenen Soundgemisch aufwarten kann. Auf zackige Uptempo-Parts mit Blastbeats versteht sie sich ebenso wie auf ruhige folkige Einschübe, proggige Passagen, epische, mehrstimmige Chöre und hochmelodiöse Hooklines, mit denen fast jeder Beitrag auf „Winter Thrice“ aufwartet.

Zum Beispiel „Erodent“ und „When Winter calls“: Bei beiden Tracks handelt es sich um schnelle Black-Metal-Stampfer, die von ihren hypnothischen, clean gesungenen Refrains zu voller Größe finden. Beide könnten DJs blind hinter einen neueren Song aus dem Hause Amorphis spielen, denen im Herbst 2015 mit der Platte „Under The Red Cloud“ ebenfalls ein großer Wurf gelang. Deutlich langsamer und getragener geht es bei „Noctilucent“ zu, dem vorletzten Song auf „Winter Thrice“, bevor das Album mit „Terminus“ einen gelungenen Abschluss findet.

Kann sein, dass Borknagar manchem Hörer zu viel zumuten. Kann sein, dass manche es lieber durchgängig auf die Zwölf mögen. Kann sein, dass die Melodien dem ein oder anderen zu zuckrig sind. Kann ja alles sein. Doch wem sein Herz bei abwechslungsreicher, anspruchsvoller harte Musik mit melancholisch-folkigem Einschlag nordischer Prägung aufgeht, wer auf ruppige Ecken und Kanten nicht, auf prolliges Tough-Guy-Gehabe oder düsteres Mystikgeschwurbel hingegen sehr wohl verzichten mag, der kommt an „Winter Thrice“ nicht vorbei.

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