27. April 2024
Die Toten Hosen || © Paul Ripke
Allgemein

Vinyl-Jahrescharts 2017: Pop wird gestreamt, Rock auf Vinyl genossen

So, da ist es passiert. In den Staaten löst HipHop/R&B den Rock offiziell als beliebteste Musikrichtung ab. Das ergab eine aktuelle Studie der Marktforscher von Nielsen, die den Musikkonsum im Jahr 2017 nach neuen Entwicklungen abklopft. Das erfolgreichstes Album lieferte der britische Barde Ed Sheeran mit der Platte „Divide“, gefolgt von Kendrick Lamar mit „Dawn“ und Taylor Swifts aktuellem Werk „Reputation“.

Nun hat der US-Markt bekanntlich eine gewisse Vorbildfunktion für die europäischen Musikfans: Neue Entwicklungen dort schlagen alsbald auch hierzulande durch. Ob es tatsächlich so oder eben anders kommt, wäre natürlich Kaffeesatzleserei. Wer weiß schon, was die Zukunft bringt. Vielleicht geht ja in den nächsten Jahren ein nicer Kreuzüber aus Trap, Fado und Jodeln durch die Decke.

Also heißt es Abschied nehmen von Rock & Co.?

Laut der offiziellen Spotify-Jahrescharts für Deutschland grüßt auch bei uns Ed Sheeran von der Spitzenposition der meistgestreamten Künstler und verweist Drake, The Weeknd, Kendrick Lamar und The Chainsmokers auf die Plätze. Rihanna liegt bei den Künstlerinnen vorne. Yup, wer streamt, mainstreamt. Pop und HipHop beherrschen die Playlisten eines Gutteils der Hörerinnen und Hörer. Von Rock keine Spur. Und tatsächlich muss man wohl festhalten, dass die großen Umsätze heuer nicht mit gitarrenaffinen Sounds erzielt werden, wie spex feststellt.

Als interessant erweist sich aber ein Blick auf die Vinyl-Jahrescharts 2017. Er unterstreicht noch einmal eindrücklich, wie unterschiedlich die Geschmäcker von Streamern und Vinyl-Liebhabern eigentlich sind. Laut der Auswertung von GFK Entertainment stammt das erfolgreichste Vinyl-Album des vergangenen Jahres in Deutschland von den Toten Hosen. Es verkaufte sich 21.000 Mal (!). Zum Vergleich: Ed Sheerans Album „Divide“ wurde laut billboard.com 3,1 Milliarden Mal gestreamt. Natürlich weltweit, richtig gut vergleichbar sind die Zahlen eigentlich nicht.

Auf den Plätzen folgen Rammstein, The Beatles, David Gilmour, Depeche Mode und U2, außerdem hoffnungsvolle Nachwuchskünstler wie The Rolling Stones, Roger Waters, Deep Purple oder Kraftwerk. Immerhin schafften es auch Zeitgenossen wie Marteria, Queens Of The Stone Age, The XX und der unvermeidliche Ed Sheeran in die Top 20.

Wo sind die Hipster?

Was heißt das nun? Wer Vinyl kauft, steht mehrheitlich auf Rock alter Schule. Fundstück dazu: eine Studie von 2016, derzufolge Vinyl hauptsächlich von Männern zwischen 45 und 54 und nicht von Großstadt-Hipstern mit Jute-Beuteln gekauft wird. Menschen also, die mit Vinyl (und CD) groß geworden sind. Die Jahrescharts 2017 bestätigen die Studie eindrucksvoll, finde ich.

Angesichts der graumelierten Käuferschaft stellt sich die Frage, wie nachhaltig der Vinyl-Boom eigentlich ist. Wieviele Vinylisten wachsen tatsächlich nach? Möglich, dass sich das Streaming am Ende doch als zu praktisch und komfortabel erweist.

Artikelfoto: Die Toten Hosen || © Paul Ripke

Vinyl-Jahrescharts 2017

 

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